The European Confederation of Associations of Manufacturers of Insulated Wires and Cables

Stellungnahme von Europacable
zur öffentlichen Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 2008

Zusammenfassung
Verschiedene Projekte in Europa belegen, dass Teilverkabelungen im Höchstspannungsnetz zu einer Beschleunigung des Netzausbaus beitragen können. Dies begründet sich aus den folgenden Fakten:
1. Erdkabel sind eine innovative, zuverlässige und bewährte Technologie.
2. Erdkabel sind umweltverträglich.
3. Die Mehrkosten sind aufgrund der höheren Akzeptanz in der Bevölkerung vertretbar.

Europacable begrüsst, dass durch Pilotprojekte die Möglichkeit eröffnet wird, das Potenzial und die Verlässigkeit von Teilverkabelungen in Deutschland zu dokumentieren.

1. Erdkabel als innovative, zuverlässige und bewährte Technologie
In Europa sind mehr als 2.000 km Erdkabel im Höchstspannungsnetz (=380kV) verlegt. Diese wurden in den letzten 40 Jahren hauptsächlich in städtischen Gebieten, zur Unterstützung großer Infrastrukturprojekte und unterhalb von Wasserstraßen eingesetzt oder um Kraftwerke mit Übertragungsnetzen zu verbinden. Darüber hinaus wurden Erdkabel vielfach auch in ländlichen Gebieten verwendet, wo es Vorgaben des Naturschutzes erforderlich machten bzw. wo starke Vorbehalte in der Bevölkerung gegen Freileitungen den notwendigen Ausbau des Stromnetzes verzögerten und dieser durch den Einsatz von Erdkabeln beschleunigt werden konnte.
Kabel der ersten Generation waren papierisoliert. Dank stetiger Innovation setzen wir heute ausschliesslich vernetzte Polyethylen Erdkabel, so genannte VPE-Erdkabel (VPE), ein. Diese finden seit mehr als 25 Jahren auf der Hochspannungsebene (110 kV) und seit mehr als 12 Jahren auf der Höchstspannungsebene Anwendung (siehe Anlage für eine Referenzliste von europäischen Projekten auf der Höchstspannungsebene). In Europa beläuft sich die Produktionskapazität auf etwa 2.000 bis 3.000 km Kabel pro Jahr.
Erdkabel sind durch die Verlegung im Erdreich besonders gut gegen Wettereinflüsse geschützt. Ihr Betrieb ist weitgehend wartungsfrei. Aufgrund ihrer geringen Störanfälligkeit sind sie sehr zuverlässig. Beschädigungen entstehen meist nur durch externe Eingriffe (z.B. Bagger). Im Falle einer Beschädigung von Erdkabeln erlauben es moderne Ortungstechniken, die Störungen präzise und kurzfristig zu lokalisieren. Die Kabelhersteller empfehlen ihren Kunden für Reperaturzwecke Reservekabel vorrätig zu halten. Ist dies der Fall, nimmt die Reparaturzeit zwei bis drei Wochen in Anspruch. Die Kabelhersteller garantieren eine homogene Kabelqualität nach internationalen Standards (IEC 62067). Basierend auf Simulationen verschärfter Langzeitprüfungen mit erhöhten Prüfparamentern erwartet die Kabelindustrie bei VPE-isolierten Erdkabeln eine Nutzungsdauer von mindestens 40 Jahren.

2. Erdkabel als umweltverträgliche Lösung
Die Installation von Stromnetzen - sei es durch Freileitungen oder durch Erdkabel - stellt unzweifelhaft einen massiven Eingriff in die Natur dar. Die Erfahrungen bei bestehenden Erdkabelleitungen zeigen jedoch, dass sich die natürliche Umgebung im Trassenbereich innerhalb von 12 bis 18 Monaten wiederherstellt. Das Erdreich oberhalb der Kabeltrasse kann nach Abschluss der Installation uneingeschränkt kultiviert und für die landwirtschaftliche Nutzung verwendet werden. Es ist auch möglich Buschwerk anzupflanzen. Die Trassen sind lediglich von tiefwurzelndem Bewuchs freizuhalten, der die Erdkabel beschädigen könnte. Somit integriert sich die Erkabeltrasse innerhalb weniger Monate ins Landschaftsbild.

Erdkabelsysteme strahlen kein elektrisches Feld aus. Das Magnetfeld ist lediglich direkt über der Erdkabeltrasse vorhanden. Wenngleich das magnetische Feld nie die BimSchV26 Grenzwerte erreicht, kann es auf Wunsch durch technische Maßnahmen weiter reduziert werden. Unmittelbar neben der eigentlichen Trasse fällt das Magnetfeld rapide ab. Darüber hinaus verursachen Erdkabel keine Umweltbelastung durch Geräuschbildung ("Koronaentladung").

Die Installation von Erdkabeln führt - entgegen gängiger Vorurteile - in ländlichen Gebieten nicht zu einer "Versteppung" an der Erdoberfläche. In einer unabhängigen Studie von Ecofys Berlin unter der Leitung von Prof. Brakelmann, Universität Duisburg-Essen, für die Irische Regierung, kommen die Autoren zu dem Schluss, dass selbst bei einer angenommenen Dauerlast der Erdkabelsysteme die Auswirkung auf die Temperatur der Erdoberfläche begrenzt ist und selbst bei extremen Bedingungen einen Anstieg der Oberflächentemperatur von maximal 2 Kelvin bewirken.i

3. Vertretbare Mehrkosten
Pauschale Kostenvergleiche zwischen Erdkabeln und Freileitungen sind nur bedingt möglich, weil jedes Projekt einer individuellen technischen Lösung bedarf und somit unterschiedliche Kosten anfallen.
Zunächst sind Herstellungs- und Tiefbaukosten zu unterscheiden. Diese liegen bei Erdkabeln zwischen vier und zehnmal höher als bei Freileitungen und hängen maßgeblich von den nachfolgenden Faktoren ab:
- Geforderte Übertragungsleistung des Kabels;
- Anzahl der erforderlichen Systeme;
- Anzahl der Verbindungs- und Übergabepunkte (Endverschlüsse).
Aus diesen Vorgaben ergibt sich das Trassenprofil und daraus leiten sich wiederum die entsprechenden Tiefbaukosten ab. Die Tiefbauarbeiten liegen bei Erdkabelprojekten bei ca. 40% bis 50% der Gesamtkosten - abhängig von der Beschaffenheit des Bodens, durch den die Trasse verlegt wird (Diese Kosten kommen lokalen Unternehmen zugute.)

Allerdings greifen Kostenvergleiche zwischen Erdkabeln und Freileitungen, die sich nur auf diese Herstellungs- und Tiefbaukosten beziehen zu kurz. Wie oben ausgeführt, sind Erdkabel weitgehend wartungsfrei und Störungen durch Umwelteinflüsse sind ebenfalls nahezu ausgeschlossen. Deswegen müssen seriöse Kostenvergleiche auf umfassenden Lebenszyklus- Analysen basieren, die Kostenpunkte wie Wartung, Verluste oder Ausfallkosten einschließen. Wenn umfassende Lebenszyklus-Kostenanalysen zugrunde gelegt werden, reduziert sich der höhere Kostenfaktor auf zwischen zwei bis fünf: ·

- Im Ecofys Report von Professor Brakelmann wird von fünf Mal höheren Investmentkosten und dreifach höheren Lebenszyklus-Kosten ausgegangen.
- Ein irischer Report von Askon Consulting Germany und Professor Noack, Universität von Ilmenau, kommt zu dem Schluss, dass die Kosten für Erdkabel 3,6 Mal höher liegen als bei einer einfachen Freileitung,
bei einer Lebenszyklus-Analyse fiel der Faktor auf 1,39. ii
- Die For Wind Studie von Prof. Oswald beziffert den Kostenunterschied bei einem spezifischen Projekt auf den Faktor 2,2.iii

Schliesslich sind auch die Kosten der Planung und Realisierung, ggf. Nutzungsausfall zu berücksichtigen. Da Teilverkabelungen eine höhere Planungssicherheit bieten können, tragen sie zu einer Reduzierung der Kosten bei. Aus Sicht von Europacable ist die Beschleunigung des Netzausbaus wirtschaftlich mit zu bewerten.

4. Beschleunigung des Netzausbaus durch Teilverkabelung
Einen kompletten Ausbau der Höchstspannungsnetze mittels Erdkabel hält Europacable zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus ökonomischen und Kapazitätsgründen für nicht realistisch. Stattdessen spricht sich Europacable im Zuge des Ausbaus der Höchstspannungsnetze aber für Teilverkabelungen aus. Dies führt zu überschaubaren und vertretbaren Mehrkosten und führt dazu, die Akzeptanz von Netzerweiterungen in der Bevölkerung zu erhöhen und damit den Ausbau zu beschleunigen. In Europa gibt es verschiedene Projekte, bei denen eine Teilverkabelung dazu geführt hat, mehrjährige Blockaden von Ausbauprojekten zu überwinden. So führte beispielsweise die Entscheidung in Italien, 8,4 km der Hochspannungsleitung Turbigo-Rho zu verkabeln, dazu, eine zehnjährige Blockade zu lösen. Nur zwei Jahre nach der Entscheidung für eine Teilverkabelung konnte die Turbigo-Rho Leitung im Mai 2006 in Betrieb genommen werden und versorgt seitdem eine der bevölkerungsreichsten Regionen der Lombardei.

Über Europacable
Europacable ist der Verband der europäischen Kabelfachverbände und -hersteller und fördert seit 30 Jahren gemeinsam mit seinen Mitgliedsunternehmen die innovative Weiterentwicklung von Erdkabeln. Darüber hinaus möchte Europacable politischen Entscheidungsträgern ein umfassendes Verständnis der Erdkabeltechnologie ermöglichen, damit diese informierte Entscheidungen treffen können. Aus diesem Grund beschränkt Europacable seine Ausführungen auf technische Aspekte von Erdkabeln.

Kontakt: Matthias Kirchner Sprecher Europacable Deutschland Tel.: 0171 767 9580

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i Study on the comparative merits of overhead electricity transmission versus underground cables, Ecofys, Golder Associates, Prof. H. Brakelmann, University of Duisberg-Essen, May 2008
ii Study on the comparative merits of overhead lines and underground cables for 400kv transmission lines for the North-South interconnector project, Askon Consulting, Prof. Noack, October 2008
iii Vergleichende Studie zu Stromübertragungstechniken im Höchstspannungsnetz, For Wind Zentrum für Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg und Hannover, Prof. B. Oswald, September 2005

 

Referenzliste 400kV Erdkabelprojekte in Europa
Ort
Projekt
Kabel Schaltkreise x Länge (km)
Kabel pro Phase
Zeit

Kopenhagen

Ersatz von Freileitungen im städtischen Gebiet

1x22

1x12

1

1996

1999

Berlin

Verbindung der Ost/West Systeme

2x6

2x6

1

1998

2000

York-Tal

Landschaftlich besonderes Gebiet

4x6

2

2000/1

Madrid

Barajas Flughafen Erweiterung

2x13

1

2002/3

Jutland

Landschaftlich besonderes Gebiet, Wasserwege und Vorstadtgebiete

2x14

1

2002/3

London

London Ring

1x20

1

2002/5

Rotterdam

Randstad Wasserkreuzung

2x2.1

1

2004/5

Wien

Elektrizität für die Innenstadt

2x5.5

1

2004/5

Mailand

Vorstadtabschnitt der Turbigo-Rho Strecke

2x8.5

2

2005/6